Derzeit gelten etwa ein Drittel aller Neugeborenen als allergiegefährdet. Haupteintrittspforte für Fremdstoffe ist im ersten Lebensjahr der Magen-Darm-Trakt. Folglich stehen Nahrungsmittel als potenzielle Allergene und eine risikoangepasste Ernährung der Säuglinge im Fokus der Allergieprävention.
Allergische Erkrankungen haben in beunruhigendem Maße zugenommen und gehören mittlerweile bei Kindern zu den häufigsten chronischen Erkrankungen überhaupt. Obwohl die medizinische Forschung große Fortschritte gemacht hat und man mittlerweile gut über die immunologischen Abläufe einer allergischen Reaktion Bescheid weiß, kennt man bislang nicht die genauen Ursachen, die zur Entwicklung einer Allergie führen. Folglich bleiben auch die Möglichkeiten einer Therapie begrenzt. Umso mehr gewinnt die Vorbeugung an Bedeutung.
Die Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) hat in Zusammenarbeit mit dem Ärzteverband Deutscher Allergologen (ÄDA), der Deutschen Gesellschaft für Kinderund Jugendmedizin (DGKJ), der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie (GPA) Empfehlungen zur frühen Prävention von Asthma, Heuschnupfen und Neurodermitis erarbeitet. Diese drei Krankheitsbilder gehören zum atopischen Formenkreis. Das bedeutet, es gibt eine erbliche Veranlagung, eine oder mehrere Ausprägungen des atopischen Formenkreises zu entwickeln. Kinder, deren Eltern Atopiker sind, haben ein erhöhtes Erkrankungsrisiko.
Die allergievorbeugenden Maßnahmen, die von den Fachgesellschaften empfohlen werden, richten sich sowohl an Risiko- als auch an Nichtrisikokinder. Grundlage der Empfehlungen sind über 200 Studien, die gegliedert nach verschiedenen Themengebieten ausgewertet wurden. Ein Teilbereich der als Leitlinien zur Allergieprävention veröffentlichen Empfehlungen befasst sich mit der Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern.
Die Ernährungsempfehlungen
- Grundsätzlich gelten die allgemeinen Empfehlungen des Forschungsinstituts für Kinderernährung (FKE) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bezüglich einer ausgewogenen und nährstoffdecken den Ernährung von Säuglingen, Kleinkindern, Schwangeren und Stillenden.
- Stillen: Zur Vorbeugung atopischer Erkrankungen wird empfohlen, den Säugling in den ersten vier Monaten ausschließlich zu stillen.
- Mütterliche Ernährung in der Schwangerschaft und Stillzeit:Während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte sich jede Frau ausgewogen und nährstoffreich ernähren. Eine spezielle allergenarme Diät, wie zum Beispiel das Meiden besonders potenter Nahrungsmittelallergene (Kuhmilch, Hühnerei, Fisch, Sojaprodukte, Nüsse), wird nicht empfohlen, da ein positiver Effekt solcher Maßnahmen nicht durch Studien belegt ist. Vielmehr gibt es Hinweise, dass sich eine fischhaltige Ernährung während der Schwangerschaft und Stillzeit günstig auswirkt und möglicherweise zum Schutz vor der Entwicklung atopischer Erkrankungen des Kindes beiträgt.
- Muttermilchersatznahrungen für Risikokinder: Nicht allen Frauen ist es möglich, ausschließlich zu stillen. In diesen Fällen wird empfohlen, Kinder mit erhöhtem Allergierisiko mindestens bis zum Alter von vier Monaten mit allergenarmer, sogenannter hydrolysierter Säuglingsnahrung zu füttern. Bei hydrolysierter, auch als HA-Nahrung bezeichneter Säuglingsnahrung ist das enthaltene Milcheiweiß bereits aufgespalten, um so die Allergenität zu senken (siehe dazu GINI-Studie zur Allergieprävention).
Säuglingsnahrungen auf Basis von Soja sind zum Zwecke der Allergieprävention nicht zu empfehlen.
Für eine allergiepräventive Wirkung anderer Tiermilchen wie Ziegen-, Schafs- oder Stutenmilch gibt es derzeit keine Belege.
- Einführung von Beikost und Ernährung des Kindes im ersten Lebensjahr: Zur Vorbeugung von Allergien galt bis vor einiger Zeit die Empfehlung, das Zufüttern mit Beikost möglichst bis zum sechsten Monat hinauszuzögern. Es gibt jedoch keine gesicherten Belege dafür, dass der späte Beginn der Beikost einen negativen Einfluss auf die Entwicklung einer Allergie hat. Die Empfehlung lautet daher, mit der Zufütterung von Beikost zu beginnen, sobald das Kind die Fertigkeit entwickelt hat, seine Kopfhaltung zu kontrollieren, und festere Nahrung nicht mehr im Reflex mit der Zunge aus dem Mund schiebt, sondern schlucken kann. Dies wird frühestens nach dem 4. Monat der Fall sein. Aus ernährungsphysiologischen Gründen empfiehlt das FKE, spätestens bis Anfang des 7. Monats bei allen Kindern mit der Beikost zu beginnen.
Nach Auswertung verschiedener Studien hat auch das Meiden bestimmter allergener Nahrungsmittel in den ersten Lebensjahren keinen allergievorbeugenden Effekt und wird deshalb nicht empfohlen.
- Ernährung nach dem 1. Lebensjahr: Eine allgemeine Diät zur Allergieprävention kann nicht empfohlen werden.
- Körpergewicht: In Studien wurde ein Zusammenhang zwischen Asthma und Übergewicht festgestellt. Auch aus Gründen der Allergieprävention wird deshalb empfohlen, insbesondere bei Kindern Übergewicht zu verhindern.